Fleischfressende Pflanzen
   
   
   
   
   Nepenthes (Kannenpflanze)

Nepenthes sind eigentlich keine Anfängerpflanzen. Bei mir jedoch fing alles mit zwei armselig zerzausten und vertrockneten Nepenthes auf dem Rabatttisch bei OBI an. Sie waren vertrocknet und sahen scheußlich aus, also landeten sie bei mir daheim, ohne daß ich irgendetwas wußte. Hohe Luftfeuchtigkeit erschien mir klar; ich habe sie also auf einem großen Teller mit Wasser und Erde auf die Fensterbank bei Alokasie und Einblatt gestellt, die ich auch täglich mit weichem abgekochtem Wasser besprühe. Damit liegt man schonmal gar nicht so falsch -  sie hat zwar keine Kannen ausgebildet aber überlebt.

Baumarkt Nepenthes in artgerechter Kultur Einige Wochen später  habe ich im botanischen Garten zu Berlin Jean Jacques Labat´s sehr zu empfehlende Buch "Fleischfressende Pflanzen - auswählen und pflegen" mitgenommen. Passenderweise gab es im Baumarkt  für 18 € ein Aquarium und die Nepenthes stand und gedieh bei 90% Luftfeuchte und 26° (mittlerweile zusammen mit Utricularia sandersonii, Drosera adelae, Drosera Aliciae, Drosera madagascariensis, einer wunderschönen Drosera Capensis 'alba' , Drosera burmanii, Drosera .....). Nach mehrmaligem Umtopfen "wurzelt" die mutmaßliche Nepenthes alata x ventricosa  nun mit wenig Kokosfaser, Torf und Sand in einer Mopani Holzwurzel.  Obwohl -oder gerade weil- ich sie um einen Kopfsteckling beraubt habe, bildet sie wundervolle ca. 13 cm große Kannen aus und stößt schon wieder ans Terrariumdach.  Aktuelle Bilder gibt es hier

Auch der Kopfsteckling wuchs und wächst (2016) zweitriebig in einem Substrat aus Weißtorf/Sand, dränierenden Kokosfasern und Styropor und bildet Kannen aus.

 

Mit ihr fing alles an..

 

Nepenthes ´x `ventrata www.venus-fliegenfalle.de venus-fliegenfalle.de Nepenthes Kopfsteckling http://www.venus-fliegenfalle.de Nepenthes ventricosa Nepenthes alata Hochlandnepenthes www.venus-fliegenfalle.de Nepenthes in Zimmerkultur www.venus-fliegenfalle.de
Nepenthes x ventrata (OBI)  Nepenthes x ventrata (Kopfsteckling1)  Nepenthes x ventrata (Kopfsteckling2 )   Nepenthes alata (OBI) Nepenthes Hybrid (Zooladen)

Neben angesprochener Nepenthes ventricosa x alata hat sich die Sammlung um eine Nepenthes alata, eine Nepenthes x hookeriana, eine Nepenthes maxima, Nepenthes bicalcarata, N. gymnamphora, Nepenthes rafflesiana, N. vieillardii, Nepenthes clipeata, N. campanulata, Nepenthes singalana, N. talangensis, Nepenthes truncata, Nepenthes rafflesiana und eine große Hybride erweitert, die ich über dem Terrarium freihängend zusammen mit einem `x Ventrata´ Nachwuchs-Kopfsteckling zu kultivieren versuche. Mal sehen, was die beiden zur Luftfeuchtigkeit sagen. Durch häufiges Übersprühen und das Aufhängen über einem wassergefüllten Teller liegt sie meist zwischen 65 und 85% - ich hoffe, daß reicht.

 

Nepenthes allgemein:

Die Gattung Nepenthes, zu deutsch Kannenpflanze, stellt mit ihren ca. 103 Arten eine der vielfältigsten Gattungen der Karnivoren dar.  Das Verbreitungsgebiet erstreckt sich von Südostasien bis nach Australien, Besonders artenreich an (vielfach endemischen) Arten sind die Inseln Borneo, Sumatra und die Seychellen. Alle Nepenthes sind  zweihäusig getrenntgeschlechtig tropische fleischfressende Pflanzen mit passiven Grubenfallen, d.h.,es wird keine aktive Blattbewegung ausgeführt. Der Deckel (das sogenannte Operculum) schließt sich also nicht und dient lediglich dazu, eine Verdünnung der Verdauungsflüssigkeit durch Eintritt von Regenwasser zu verhindern. Innerhalb der Arten variieren sowohl die Form und Ausfärbung als auch die Größe der Kannen von nicht größer als fünf cm großen Kannen (Nepenthes argentii) bis zu den vier Liter-fassenden Riesenkannen der Nepenthes rajah. Die Beute der Kannenpflanzen besteht vorwiegend aus fliegenden und krabbelnden Insekten, in den Kannen der Nepenthes rajah wurden allerdings schon Skelette von Ratten gefunden. Die Tiere dürften wohl eher zufällig in die Kannen gekommen sein, obwohl eine im Gewächshaus kultivierte NepenthesTruncata eines deutschen Kultivators bereits wiederholt Mäuse "gefangen" hat..

Geschichtliches:

  • 1658: Erste Beschreibung durch  Étienne de Flacourt, den den Gouverneur von Madagaskar. In der leider verlorengegangenen Beschreibung  betrachtete er allerdings die Kannen als Blüten
  • 1753: Carl von Linné (Linneus) beschreibt in  Species Plantarum die Nepenthes distillatoria
  • 1858: William Jackson Hooker entdeckt und beschreibt, daß die Kannen zum Insektenfang und zur Verdauung dienen.
  • 1985 wurden fossile Pollenfunde aus dem europäischen Tertiär drei ausgestorbenen Nepenthesarten zugeordnet. Das Klima auf der Erde war im Tertiär wesentlich wärmer als heute, möglicherweise stammt die Gattung Nepenthes also ursprünglich aus Europa und existiert vielleicht schon seit  40 Millionen Jahren.  

Nepenthes können entsprechend ihrer Naturstandorte grob in zwei Bereiche eingeteilt werden: Tieflandpflanzen und Hochlandpflanzen. Tieflandnepenthes sind unter 1000 m, Hochlandnepenthes über 1000 m ü. M. zu finden. Diese Einteilung ist für die Kultur sehr hilfreich und wichtig, da Hochlandpflanzen kühlere Temperaturen mit einer Nachtabsenkung benötigen. In den Höhenlagen der sogenannten Ultrahochlandnepenthes kommt es gelegentlich sogar zu Bodenfrost. 

Tieflandpflanzen benötigen durchgehend warme Temperaturen. Zur Unterscheidung verlinke ich hier auf eine Liste der Nepenthes university, die Aufschluss gibt,  in welchen Höhen die einzelnen Arten in der Natur vorkommen. Nepenthes wachsen terrestrisch und epiphytisch (z.B. N.Alata). Die Blätter wachsen kreisförmig,wechselständig und teils rosettig (vgl. Phyllotaxis) in die Höhe. Zuerst wächst aus der Pflanzenmitte eine kleine Ranke. Unmittelbar danach bildet sich ein weiteres Blatt und während dieses wächst bildet sich bereits die nächste Ranke und am ersten Blatt bildet sich im Optimalfall das sogenannte Tendril (sozusagen die Kannenknospe). Bei manchen Arten ist nun ein Berührungsreiz nötig, d.h., die Kannen werden erst gebildet, sobald das Tendril z.B. auf der Erde aufliegt oder an die Glasscheibe stößt. Während nun die Ranke nach und nach einen stabilen dreieckigen oder quadratischen Sti bildet, wächst das Tendril zur Kanne, wird voluminöser, füllt sich gegen Ende mit Verdauungssaft und öffnet zuletzt den Deckel. Wenn dies geschieht, ist die Falle bereits voll funktionsfähig. In den nächsten Tagen färbt sie sich nur noch vollends aus und das weitere Wachstum beschränkt sich weitestgehend auf die weitere Ausbildung und -färbung des Peristom.

Im Gegensatz zu den Grubenfallen Sarraceniae macht das eigentliche Fangorgan nicht die ganze Pflanze aus. Vereinfacht gesehen haben sowohl die Kanne als auch die Pflanze eine deutliche Dreiteilung:

 Pflanze  Kanne
  1. Ein normales, nichtkarnivores Blatt
  2. Ein Verbindungsstück zwischen Blatt und Kanne, die sog. Ranke
  3. Die Kanne, das eigentliche Fangorgan
  1. Peristom
  2. Gleitzone
  3. Verdaungszone

 

Grubenfalle - die Kanne der Nepenthes:

Gliederung der Grubenfalle der Nepenthes Der oberste Teil der Kanne heißt Peristom (grch. Mund), ist unterschiedlich farbig ausgeprägt und dient dem Beutefang. Je nach Art endet er in einem fortlaufenden Sporn.  Der innen folgende Teil ist wachsartig beschichtet, bietet potentiellen Beutetieren keinen Halt und nennt sich deswegen Gleitzone. Bei vielen Nepenthesarten stellt er den Hauptteil der Falle dar.  Mit der Beschaffenheit dieser Wachsbeschichtung beschäftigt sich die Bionik bereits seit Jahren (Max-Planck-Institut für Metallforschung und -> siehe Eintrag Slips im Blog  vom 14.10.2011). Die Wand ist von kleinsten Schuppen bedeckt, die Beutetieren keinen Halt bietet und diese somit unweigerlich in den untersten Teil der Falle, der Verdauungszone rutschen. 
Hier fallen sie in ein sehr saures (pH3) Verdauungssekret, in dem die Beute mittels Enzymen ähnlich unserem Magensaft gespalten und so dem Stoffwechsel verwertbar gemacht wird. Dieser innere Teil der Verdauungszone ( Bild )besitzt zahlreiche Drüsen, die sowohl das Sekret mit Proteasen und Peptidasen anreichern als auch die aufgelöste und oft innerhalb weniger Tage verdaute Beute absorbieren. Um zu verhindern, dass dieses Sekret durch Regen verdünnt wird, sind die Kannen mit einem Deckel ausgestattet, dem sogenannten “Operculum”, dessen Funktion es ausschließlich ist, den Eintritt von Wasser zu verhindern.

Kultur (Tiefländer)
Nepenthes stammen aus dem tropischen Regenwald, wachsen das ganze Jahr über und benötigen keine Ruhephase. Man kultiviert sie also am Besten ganzjährig warm in einem Terrarium mit konstant hoher Luftfeuchte >70% und Temperaturen zwischen 18° und 35°.  Bei derart gespannter Luft und dem feuchten Substrat muss auf ausreichende Belüftung geachtet werden, um Schimmel  zu vermeiden. Im Winter habe ich mein Terrarium zu 2/3 abgedeckt.  Durch Besprühen kann die Luftfeuchte immer wieder erhöht werden. Besprühen erhöht aber wieder die Schimmelgefahr. Im Sommer liegt die Luftfeuchte (LF) auch bei komplett geöffnetem Terrarium bei über 80%. Als Grundsatz gilt, immer so wenig wie möglich, so viel wie nötig abdecken.
Zur Kannenbildung brauchen die Pflanzen viel Licht, sollten also hell stehen. Meine

Terrarien stehen am Südfenster, ich installiere keine weitere Zusatzbeleuchtung.  Direkte Sommersonne sollte hingegen vermieden werden, hier genügt allerdings, die Nepenthes leicht  zu beschatten. Parallel muss aber auch darauf geachtet werden, daß die Temperaturen nicht zu weit steigen (bei mir sonst leicht über 45°).

Seit zwei Jahren kultiviere ich Nepenthes truncata und seit einem Jahr Nepenthes rafflesiana sowie die N. maxima und den obigen Klon  N. x ventrata erfolgreich auf meiner Fensterbank. Ich hoffe, selbigen Erfolg auch mit der schwierigen Nepenthes bicalcarata zu haben..

 

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